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Konfi, Familienplanung und Heubelüftung – ein digitaler und ein analoger Besuch von Wirtschaftsarchiven.

Wieso liegt das Archiv des Konservenherstellers Hero aus Lenzburg in einem Keller unter dem Bahnhof SBB in Basel? Und wieso finden sich im selben Keller fünf Schachteln mit Dokumenten zur Familienplanung ab 1938, Werbematerialien des Zürcher Coiffeursvereins von 1935 sowie Ausführungen zur Schlachtviehversorgung von 1955? All diese Dokumente sind ein Teil der zwölf Laufkilometer Archivalien des Schweizerischen Wirtschaftsarchivs, die sich hier seit mehr als 100 Jahren angesammelt haben.

„Neben den ca. 500 Archiven, die wir hier haben, sammelt das SWA seit 1910 systematisch auch die sogenannte graue Literatur.“ Frau Amstutz, Leiterin des Schweizerischen Wirtschaftsarchivs (SWA), erzählt gut gelaunt und detailliert von den Archiv-Beständen, die seit 2009 im Jacob Burckhardt Haus der Universität Basel, nahe dem Bahnhof SBB lagern. Das SWA, entstanden 1910 aus einer privaten Initiative Basler Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft und Kultur, setzte sich von Beginn an zwei Zielvorgaben: Die Versorgung von Wirtschaft und Öffentlichkeit mit aktueller Wirtschaftsinformation und die Sammlung von Archiven der privaten Wirtschaft. Heute befinden sich ca. 500 Firmenarchive in den Räumlichkeiten der Uni Basel, davon zwei, die bis weit ins 18. Jahrhundert zurück reichen. Doch den weitaus grössten Teil der archivierten Unterlagen, um genau zu sein, zehn der zwölf Laufkilometer, macht die erwähnte graue Literatur aus: Jahresberichte aller grösseren Schweizer Firmen, Produktinformationen, Werbeflyer und Zeitungsausschnitte – seit einigen Jahren verstärkt auch online zugänglich.
Seit 1988 firmiert das SWA unter einem Dach mit der Fachbereichsbibliothek für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, konnte sich aber weitgehend seine Selbständigkeit erhalten. Auch in finanzieller Hinsicht: Die Archivierung von Firmenarchiven unterliegt keinen gesetzlichen Auflagen, wird also nicht vom Bund subventioniert. Die Mittel der Universität erlauben zwar die Führung einer wirtschaftshistorischen und wirtschaftswissenschaftlichen Bibliothek. Darüber hinaus gehende Aufgaben wie die Erschliessung weiterer Bestände sowie Projekte in den Bereichen Strategieentwicklung und Öffentlichkeitsarbeit werden dagegen von der Stiftung zur Förderung des Schweizerischen Wirtschaftsarchiv privat finanziert.

Verlassen wir die freundlichen Räumlichkeiten der Bibliothek und betreten einen digitalen Archivraum, etwas grösser als die Schweiz. arCHeco entstand aus einer Kooperation des Schweizerischen Wirtschaftsarchivs gemeinsam mit dem Verein Schweizerischer Archivarinnen und Archivare (VSA) und versteht sich primär als Bestandskatalog. Auf der Reise durchs arCHeco finden wir nicht Schachteln und Aktenschränke voller Archivalien, sondern ein digitales Verzeichnis von rund 1’500 Archivbeständen aus der Schweiz und Liechtenstein. Erst die Verweise bei den Datensätzen führen zu den tatsächlichen Aufbewahrungsorten: Wiederum in vielen Fällen das Schweizerische Wirtschaftsarchiv in Basel, aber auch das Sozialarchiv in Zürich oder das Archiv für Zeitgeschichte der ETH. Oft verweisen die Informationen zu städtischen, kantonalen oder staatlichen Archiven, inklusive Kontaktangaben und Zugangsmöglichkeiten. In Zukunft, so hofft Frau Amstutz, sollen sich auch vermehrt Verweise auf die vielen kleinen und grossen Firmenarchive finden, die noch an Ort und Stelle ihrer Entstehung lagern; aufgearbeitet, präsentiert, besucht von Kunden und Mitarbeiterinnen – die Herzen der pulsierenden Schweizer Firmen.

Zum Schweizerischen Wirtschaftsarchiv
Zu arCHeco Wirtschaftsarchive Schweiz / Liechtenstein
Zum Verein Schweizerischer Archivarinnen und Archivare (VSA)

Foto: Die aktuelle Archivalie des SWA: Schweizer Pioniere der Wirtschaft und Technik
© SWA

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